Am östlichsten Punkt unserer Reise übernachteten wir in Katowice und machten einen Ausflug in die ehemalige Kreisstadt Pless (Pszczyna). Der Marktplatz ist sehr schön restauriert und gepflegt.
Und direkt neben Rathaus und Kirche befindet sich das Schloss Pless. 1876 erhielt es seinen heutigen neubarocken Stil. Im ersten Weltkrieg diente das Schloss zwei Mal zwischen 1915 und 1917 als Kommandozentrale (großes Hauptquartier) der deutschen Streitkräfte, um die Offensive gegen Russland zu bilden.
Hinter dem Schloss wurde ein großer Landschaftspark angelegt, der bis heute nicht an Schönheit abgenommen hat.
Ein Teehäuschen befindet sich im Zentrum des Parks, wo im Sommer Zeremonien stattfinden. Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen und Genießen ein und der Ausblick über den See auf das Schloss ist fantastisch!
Diese Anlagen befinden sich neben dem Schloss und sind ebenfalls aufwendig restauriert.
Jedlin – ehemalige Grenze zu Österreich-Ungarn
Als wir die Reise begannen wussten wir nur, dass die Mutter (Lucia Schnabel) meines Großvaters in Jedlin geboren ist. Es war für uns nichts besonderes. Jedlin ist ein Ort im Kreis Pless, der an der ehemaligen Grenze zu Österreich-Ungarn liegt.
Zunächst kamen wir in den Ortskern und suchten irgendwelche alten Häuser. Selbst die Kirche sah irgendwie modern aus. Johannes Gonschorek, der Vater von Lucia war Zollbeamter. Also kam uns die Idee, dass Lucia vielleicht in einem Zollhaus geboren sein mag. Auf dem Platz vor der Kirche standen zwei Handwerker. Wir fragen mithilfe einer App, wo ein Zollhaus in der Nähe sei. Die Übersetzung fehlte wohl etwas daneben, aber die Beiden verstanden letztendlich, was wir suchten. Wir sollten ihnen folgen. Der direkte Weg zu einem Zollhaus war durch eine Baustelle verhindert. Die Beiden ließen ihre Arbeit liegen und wir folgten dem Wagen über eine Umleitung.
Schließlich standen wir vor einem kleinen Haus mitten an der Straße. Der Hauseigentümer bemerkte uns und wir fingen ein Gespräch mit ihm an. Er sprach einige Worte deutsch und erklärte uns, dass das Haus ein ehemaliges Zollhaus sei. Die Grenzsteine zeigte er uns als wir durch seinen Garten liefen. Das Grundstück wurde 1903 bebaut und zu dieser Zeit muss Lucias Vater Johannes Gonschorek als junger Zollbeamter dort eingezogen sein.
Es kann gar nicht anders sein. Freundlich bat uns der Herr in sein Haus. Kaffee und Kuchen wurden schnell gedeckt und wir konnten uns stärken. Zutiefst berührt die Nachfahren eines seiner Vorbesitzer zu Besuch zu haben, kamen ihm die Tränen und wir umarmten ihn.
Wir erzählten, dass uns die ganze Sache nur möglich wurde, durch die akribische Ahnenforschung, die wir gemacht hatten. Darauf zeigte der Hauseigentümer uns stolz sein zusammengestelltes Familienbuch und wir tauschten uns aus.
Dort drin befand sich auch ein Bild vom Haus, bevor er es umgebaut hatte. Dieses Erlebnis kam uns nicht wie ein Zufall vor und wurde der emotionalste Moment auf unserer Reise. Also stand mein Großvater nicht nur in seinem Geburtzimmer in Leobschütz, sondern auch im Geburtszimmer seiner Mutter, 116 Jahre nach dem Ereignis.
Auschwitz
Zwei Orte weiter liegt Auschwitz. Viele Worte möchte ich darüber gar nicht verlieren. Wir haben es nicht besichtigt und wollten uns dem nicht stellen. Gerade nicht nach dem schönen Erlebnis, dass wir in Jedlin gemacht hatten. Und wir mussten gar nicht weit fahren, um wieder schönere Gedanken zu haben.
Rund um die Weichsel
Direkt in der Nähe von Auschwitz befindet sich das Weichseltal. Dort gingen wir über die weiten Felder und erhaschten den Blick auf zwei Rehe und den Fluss, der als Landmarke ebenfalls früher eine Grenze zum Nachbarland bildete.