Kreis Oels

Raake (Raków)

Raków (früher Raake) ist ein kleiner, unbedeutender Ort zwischen Wrocław (Breslau) und Oleśnica (Oels). Das war vor dem zweiten Weltkrieg ganz anders. Laut der Überlieferung ließ sich im 12. Jahrhundert ein Ritter in Raake nieder und legte dort Krebsteiche an. Irgendwann war der Ort bis in die Ferne für die besten Krebse der Region bekannt. Der Name, Raake, bezieht sich wohl auch auf die Krebsteiche.

Für mehr als 200 Jahre stand das Anwesen der adeligen Familie von Kessel, das Schloss Raake, an diesem Ort. 1946 brannte unter russischer Besatzung, nicht nur die Kirche im Ort nieder, sondern auch das gesamte Schloss. Nur noch die Eingangspforte erinnert an die goldenen Zeiten von Raake.

Mein Urgroßvater Hubert Schnabel, war wie ich, sehr an seiner Familiengeschichte interessiert. Er sammelte alle Urkunden der Standesämter und Einträge des Pfarramts, die es über die Familie gab und speiste sie in den Ahnenpaß seines Vaters Richard Schnabel ein. Desweiteren ließ er sich alles beglaubigen.

Hier der Geburtseintrag über August Schnabel, den Großvater meines Ururgroßvaters Richard.

Hieraus geht hervor, dass Gottlieb Schnabel, der Urgroßvater von Richard Schnabel 1796 ein Amtmann war. Die Definition von Amtmann lautet: Verwalter von Gutshöfen, Burgen oder Dörfern. In den 1780er-Jahren zog er vom kleinen Nachbarort Neuhof nach Raake. Also kann er wohl nur das Schloss Raake oder das Dorf Raake verwaltet haben. Interessanterweise nannte er seinen ersten Sohn Carl Friedrich Gottlob Schnabel (Jahrgang 1789) nach dem Sohn des Karl von Kessel, der 1786 geboren wurde. Das könnte für eine engere Verbindung der beiden Familien sprechen. Vielleicht wohnte die Familie Schnabel Ende des 18. Jahrhunderts tatsächlich auf Schloss Raake.

Das Mausoleum ist die Grabstätte der Familie von Kessel. Es wurde bis Mitte des 20. Jahrhunderts noch als Kapelle genutzt und ist heute leider verwahrlost. Man plant wohl, es wieder zu renovieren. Darauf freue ich mich! Das Mausoleum mit seiner kleinen Orgel wurde 1820 gebaut.

Carl Tschentscher, der Großvater mütterlicherseits von Richard Schnabel war Organist in Raake. Es ist also nicht weit hergeholt, dass er auch diese Orgel bespielt hat.

Carl Tschentscher war nicht nur Organist, sondern auch Schullehrer. Heute ist die ehemalige Schule, die Mitte des 19. Jahrhunderts (spätestens Ende der 1870er-Jahre) errichtet wurde zum Wohnhaus umgebaut. Es liegt nahe, dass Carl bis zur Rente oder bis zu seinem Tod hier gelehrt hat.

Als letztes besuchten wir den verwilderten Friedhof. Es gibt noch viele deutsche Gräber. Das Grab von Carl Tschentscher fanden wir allerdings nicht. Die heutigen Bewohner werden übrigens 20km vom Ort entfernt begraben.

Neuhof (Nowy Dwór)

Bis in die 1770er-Jahre lebte die Familie Schnabel im kleineren Nachbarort, Neuhof. Alle Einträge über die Hochzeiten der Familie Schnabel sind stets nach Raake zu verorten, da Neuhof keine eigene Kirche besaß. Gottlieb Schnabel selber wurde 1757, sein Vater Christian Schnabel 1721 in Neuhof geboren. Gebäude aus dem 18. Jahrhundert sind in Neuhof nicht mehr vorzufinden, aber dieses Bild spiegelt das Leben in diesem Ort vielleicht gut wieder. Weite Felder und kleine Bauernhöfe gab es dort wohl schon vor 300 Jahren.

Der älteste Eintrag im unserem Ahnenpaß ist die Eheschließung des Friedrich Schnabel mit der Maria Masur am 3. November 1716. Friedrich war ein Weberknappe, was bedeutet dass er in der Ausbildung bei einem Weber stand. Später wird er als Freigärtner erwähnt. Ich malte mir das Leben der Beiden folgendermaßen aus:

1720 zieht ein junges Paar in sein erstes eigenes Haus ein. Friedrich hat seine Ausbildung abgeschlossen und Maria ist schwanger. Der Handwebstuhl hat seinen Platz gefunden, genauso wie das Kinderbett. Draußen haben sie ihren eigenen Garten und ein Feld, mit dem sie sich selbst versorgen können. Die Einkünfte haben sie durch das Webhandwerk. Es geht auf in eine gemeinsame, glückliche Zukunft. Was sie nicht wissen ist, selbst 300 Jahre und zwei Weltkriege später, wird man ihre Namen noch kennen und von ihnen erzählen. So wie nun in diesem Artikel.

Schloss Bohrau (Borowa)

Bohrau, eine ehemalige Kreisstadt, ist 2km östlich von Raake gelegen. In diesem Schloss der Grafen von Schwerin ist heute eine Sozialeinrichtung untergebracht.

Oels (Oleśnica)

In Oels wurde 1859 Pauline Troska geboren. Sie heiratete den Gartenlandschaftsarchitekt Reinhold Schauder, der aus Simmelwitz kam. Beide erlebten noch den 6. Geburtstag meines Großvaters.

Schloss Oels ist das größte Renaissanceschloss Europas. Leider ist es nicht in gutem Zustand. Das Dach ist schon neu gedeckt. Weitere Renovierung stehen noch aus.

Die Kapelle neben dem Schloss ist schon renoviert und man kann ein bisschen erahnen, wie das Schloss später wieder aussehen wird.

Diese Verzierungen befinden sich auch am Schloss – sie sind nur nicht mehr so deutlich zu erkennen.

Der Ortskern von Oels ist ein bisschen schmuddelig, aber nett. Hier der Blick über den Marktplatz von Oels mit Kirche und Rathaus.

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